OVG Berlin-Brandenburg bestätigt vorläufiges Verbot der militärischen Weiternutzung des sog. Bombodroms - 7/2005

 

Berlin, den 27.09.2005

 

 

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Beschwerden der Bundesrepublik Deutschland gegen zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Potsdam zurückgewiesen. Dieses hatte die aufschiebende Wirkung von Klagen zweier Hotelbetreiber und eines Putenzuchtunternehmens gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums zur militärischen Weiternutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock („Bombodrom“) wiederhergestellt. Damit ist nun auch im Hinblick auf private Betroffene eine militärische Nutzung des „Bombodroms“ vorläufig untersagt.

 

Im Dezember 2000 hatte das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz entschieden, dass die - grundsätzlich zulässige - militärische Weiternutzung dieses im Nordwesten des Landes Brandenburg im Landkreis Ostprignitz-Ruppin gelegenen und ehemals von den sowjetischen Streitkräften als Schieß- und Bombenabwurfplatz genutzten Geländes eine nach Anhörung der betroffenen Gemeinden zu treffende Planungsentscheidung voraussetzt. Die daraufhin im Sommer 2003 ergangene und für sofort vollziehbar erklärte Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung sieht die Nutzung des Geländes als Luft-Boden-Schießplatz für ca. 1.700 Einsätze pro Jahr, als Standortübungsplatz für die Ausbildung von Bodentruppen sowie als Standortschießanlage mit vier Schießständen für Handfeuerwaffen vor. Schon die dagegen gerichteten Anträge betroffener Gemeinden auf vorläufigen Rechtsschutz hatten sowohl vor dem Verwaltungsgericht Potsdam als auch dem Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg Erfolg.

 

In den nunmehr entschiedenen Fällen ging es erstmals um Eilanträge von Privatpersonen, die in der Nachbarschaft des Truppenübungsplatzes ansässig sind und durch den zu erwartenden Tieffluglärm Nachteile befürchten. Nach Auffassung des 2. Senats spricht jedenfalls bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung vieles dafür, dass auch diese Privatpersonen in ihrem Recht auf fehlerfreie Abwägung verletzt werden. Denn das Bundesverteidigungsministerium habe bei seiner Entscheidung nur solche von den Gemeinden vorgetragenen Belange berücksichtigt, die rechtlich der Planungshoheit der Gemeinden zuzuordnen seien. Lärmschutzbelange Dritter seien jedoch

– soweit sie nicht lediglich als geringfügig einzustufen seien – ebenfalls in die Abwägung der widerstreitenden Interessen einzustellen, und zwar unabhängig davon, ob durch die Immissionen eine Wohnnutzung oder eine gewerbliche Nutzung beeinträchtigt werde. Auch eine möglicherweise bestehende Vorbelastung des Gebietes aufgrund der militärischen Nutzung durch die sowjetischen Streitkräfte in der Vergangenheit dürfe nicht zur völligen Ausblendung der Lärmschutzinteressen aus dem Abwägungsvorgang führen. Dass die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe ohne die sofortige Nutzung des Geländes für die Zeit bis zum Abschluss des Klageverfahrens zwingend gefährdet wird, sei nach Lage der Akten nicht ersichtlich.

 

Beschlüsse vom 20. September 2005 – OVG 2 S 99.05 - und vom 21. September 2005 - OVG 2 S 100.05 -