Dr. Reiner Geulen, Rechtsanwalt der Kläger

Presseerklärung vom 14. Dezember 2000


Unmittelbar nach der Verkündung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts heute Vormittag habe ich den zuständigen Minister, Herrn Rudolf Scharping, schriftlich aufgefordert, bis spätestens Samstag, den 23. Dezember 2000, 12:00 Uhr den früheren Bombenabwurfplatz vollständig zu räumen. Gleichzeitig habe ich angekündigt, dass ich bei fruchtlosem Ablauf der Frist Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung betreiben werde.

Der titulierte Anspruch auf sofortigen Abzug der Bundeswehr hat nichts zu tun mit der Frage, ob die Bundeswehr nun möglicherweise Planungsverfahren für eine solche Nutzung einleiten wird. Es hat bisher keine Planungsverfahren (insbesondere kein Abwägungsverfahren) gegeben; es gab nicht einmal ein verbindliches Nutzungskonzept, über das ein Gericht hätte entscheiden können. Sollte die Bundeswehr die mehrjährigen Planungs- und Enteignungsverfahren einleiten und durchführen, würden wir auch hiergegen selbstverständlich gerichtlich vorgehen. Rechtlich könnten solche Verfahren auch nur zu dem Ergebnis führen, dass eine Inbetriebnahme des früheren sowjetischen Bombenabwurfplatzes wegen der unerträglichen Lärmbelastungen für die Umgebungsbevökerung durch die Tiefflüge unzulässig ist.

Der Brief an Herrn Minister Scharping hat folgenden Wortlaut:


Herrn
Rudolf Scharping
Bundesminister der Verteidigung
Fontänengraben 150
53123 Bonn

14. Dezember 2000

Bombenabwurfplatz Wittstock, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von heute Vormittag

Sehr geehrter Herr Minister,

das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg hatte die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister der Verteidigung auf die Klage zweier von mir vertretener Gemeinden am 24.03.1993 verurteilt, "eine Nutzung des Geländes des früheren Truppenübungsplatzes Wittstock auf dem Gemeindegebiet der Klägerin als Truppenübungsplatz oder Luft-Boden-Schießplatz, einschließlich einer dieser Nutzung dienenden Durchführung von Tiefflügen, zu unterlassen".

Das Bundesverwaltungsgericht hat heute Vormittag gegen 10:00 Uhr die vom Bundesverteidigungsministerium eingelegte Revision gegen dieses Urteil zurückgewiesen; das Urteil ist dadurch rechtskräftig.

Aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anspruch meiner Mandanten auf Abzug der Bundeswehr nunmehr mit sofortiger Wirkung tituliert. Irgendein Rechtsmittel oder ein Duldungsrecht auf die seit 1993 durch das Bundesministerium der Verteidigung rechtswidrig genutzten Flächen ist nach dem rechtskräftigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

Im Nahmen meiner Mandanten darf ich Sie daher auffordern, zu veranlassen, dass der gesamte Truppenübungsplatz in vollem Umfang restlos geräumt wird. Der Räumungsanspruch meiner Mandanten umfasst nicht nur den vollständigen Abzug der dort befindlichen Soldaten, sondern insbesondere den Abbau von Absperrungen, Zäunen, Sperrschildern etc..

Ich räume Ihnen hiermit eine Frist zum Verlassen des früheren Bombenabwurfplatzes ein bis

Samstag, den 23. Dezember 2000, 12:00 Uhr.

Ich gehe davon aus, dass diese Frist gewahrt wird und darf Sie vorab um eine schriftliche Bestätigung bitten. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass ich beauftragt bin, bei fruchtlosem Ablauf der Frist Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung zu betreiben.

Ihren Prozessbevollmächtigten habe ich eine Abschrift dieses Schreibens übersandt.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Reiner Geulen
(Rechtsanwalt)

gez. Rechtsanwalt Dr. Reiner Geulen